Steht gut da: Richard Schmidt, Bildquelle: RVT
Seine Gesamtmedaille
„What happens in rowing- stays in rowing“, könnte manch‘ Ruderer verbittert denken, wenn die Kreisligaerfolge eines regionalen Kickers in der Chronik des Regionalblatts korrekter aufgezählt werden als die Anzahl der Olympiateilnahmen eines Trierer Ruderers.
Vielleicht ist die Anerkennung durch Fachleute, die die Leistungen einschätzen können, jedoch auch wertvoller für den Sportler – in diesem Fall Richard Schmidt, der im Zuge der World Rowing Awards in Sevilla vom Weltruderverband FISA mit der „Thomas- Keller- Medaille“ ausgezeichnet wurde.
Die Medaille wird seit 1990 vergeben – und zwar nur an Sportlerinnen und Sportler, die sich um den Rudersport in herausragender Form verdient gemacht haben: sowohl durch sportliche Erfolge im Boot, als auch außerhalb des Bootes. Sie kann zudem nur maximal fünf Jahre nach Beendigung der aktiven Karriere vergeben werden, was die Auswahl für die prominent besetzte Jury nur zusätzlich erschwert. Mit ihm nominiert waren in diesem Jahr Ondrey Synek, Ann- Kathrin Thiele, Ilse Paulis und Grace Prendergast.
Richard ist seit 1990 der sechste Deutsche in der Liste, allein: der letzte deutsche Mann vor ihm war 1998 Roland Baar (†), die letzte Frau Kathrin Boron 2009; Menschen, die deutschen Ruderern immer noch wohlige Schauer über die Nackenhaut jagen. Der legendäre Thomas Lange ist dabei, Kolbe, Hacker und wie viele andere nicht. International finden sich in der Sportwelt so glanzvolle Namen wie Redgrave, Pinsent, Lipǎ, Chalupa, Čop, Evers- Swindell, Murray, Bond, Tufte und erst 2022 der ewige Mahé Drysdale. Dies, verehrte Damen und Herren, ist die Gästeliste zum Pantheon des Ruderns: Richard Schmidt hat seit 09.11.2024 freien Eintritt.
Erinnern wir uns an die erste Olympiateilnahme 2008 in Peking, der ganze Verein platzte vor Stolz und Aufregung, dass „Richie“ überhaupt dabei war – und sei es nur Ersatz. Vor dem Halbfinale dann wurden zwei Ruderer krank und „Richie“ rückte nach – alles immer in einer Wolke aus Sportlern, die seine Karriere begleiten und mit ihm große Triumphe feiern sollten, manche länger, manche kürzer – aber keiner wie Schmidt. Er ruderte in sein erstes olympisches Finale und wurde Sechster. Hamish Bond und Eric Murray, der unschlagbare neuseeländische „Zweier ohne“ der nächsten Dekade, mit denen Richie nie in einem Atemzug genannt werden wollte, wurden da übrigens noch Siebte.
Urkundenüberreichung und Leselektüre ‘Thomi Keller: A Life in Sport’ durch den FISA-Präsidenten Jean-Christophe Rolland, Bildquelle: RVT
Die Kriterien für die Vergabe der Medaille können nicht alle treffend übersetzt werden: es geht um Medaillenerfolge auf internationalem Niveau, aber auch herausragende „Comebacks“ oder Überwindung von Hindernissen, ebenso wie die technische Beherrschung des Sports: interne Kommentare wie „Richie setzt wieder zu kurz“ arbeitete er stoisch auf, mit Körper und Gesundheit hat er (weitgehend) Glück gehabt. „Sportsmanship“ lässt sich aber nun mal nicht rein mit Sportlichkeit übersetzen, auch nicht eindeutig mit Sportsgeist; Schmidt hat stets mit fast ritterlicher Haltung von seinen Gegnern gesprochen, hat sich auch im Erfolg nicht zu Niedertracht hinreißen lassen, meist war er der Erste, der sich im Zielbereich völlig ausgelaugt per Handzeichen bei den Gegnern für ein hartes Rennen bedankte – weil Erfolg oft umso süßer schmeckt, je härter er erkämpft wurde. Er genießt daher auch auf der „anderen Seite“ höchsten Respekt und verkörpert damit das Edelste, was gerade der Rudersport sich erhalten hat und was ihn ausmacht.
Letztes Kriterium der Auswahl soll der „legendary status“ sein und wo heute viel zu schnell zu Worten wie Ehrenmann oder Legende gegriffen wird, stellt sich die Frage, wo da noch die Steigerung sein soll?
Einige Andeutungen dazu finden sich vielleicht in der gelungenen Laudatio von Thomas Cross bei worldrowing.com ( https://worldrowing.com/2024/11/18/richard-schmidt-the-beating-heart-of-the-deutschland-achter/ ).
Richard Schmidt als das schlagende, pumpende Herz des „Deutschlandachter“, eines Bootes, das teils ganze Saisons lang ungeschlagen blieb – auch um den Preis, dass der deutsche Riemenbereich kein zweites nennenswertes Boot herausbrachte. Aber Schmidt war immer dabei, die meiste Zeit im Maschinenraum, man konnte ihm bei jedem Start ansehen, dass er gewillt war, das Boot notfalls allein über die Linie zu ziehen. Über die Jahre hat er sich zum Mentor für jüngere Sportler entwickelt: auch das ist nicht selbstverständlich. Viele kamen und gingen: die Schlagmänner, denen er den Rücken freihielt, vielleicht auch solche Ruderer, die sich für besser hielten. Aber sein Platz, am Ende die Sieben, war besetzt. Viele Sportler stehen und fallen mit den Erfolgen der Mannschaft – und natürlich wäre Schmidt ohne die jeweiligen Mannschaften nicht so weit gekommen, wie er zu betonen nie müde wird – er war jedoch in jeder Besatzung der verlässliche Mann, wie auch Steuermann Sauer betont: „Der Bootsplatz zählt nicht – Performance schon“: Schmidt hat immer geliefert, physisch wie psychisch. Er war dabei immer demütig und reflektiert. Er ist Konstante und zugleich ein Garant für diese lange Erfolgsphase gewesen, die in der Sportgeschichte ihresgleichen sucht. Dies wird auch deutlich in der Auswahl der Offiziellen: Viele der Nominierten ruderten im Einer oder im Kleinboot – einen Mann – DEN einen Mann aus dem Achter hervorzuheben, zeugt vom Ansehen, das er sich sprichwörtlich erarbeitet hat.
Auch als Athletensprecher hat er sich immer für den Sport und seine Akteure, insbesondere seine Teamkameraden eingesetzt und konnte uns Glücklichen die ein oder andere interne Geschichte erzählen, ohne je indiskret zu sein. Auch als Sprecher der NADA hat er sich stets für sauberen Sport eingesetzt und versucht jetzt, mit seiner Erfahrung noch den Umbruch im Achter zu gestalten, nachdem er eine ganze Generation geprägt hat. Keiner weiß zudem so genau, wie viele Kinder es im Hause Dr. Schmidt noch werden sollen – ein (Mixed-) Vierer wohl mindestens.
Leider konnte sein stolzer Vater diesen Moment der Ehrung nicht mehr erleben. So oft man sich an den Eltern auch abkämpfen mag: ein Teil der Haltung, die ein solches Sportlerleben überhaupt möglich macht, stammt immer aus ihnen.
Und nicht zuletzt war insbesondere die Unterstützung einer jungen Karriere durch Elternhaus und Verein unerlässlich. Dank Richie steht der RV Treviris auf einer Plakette am über 100 Jahre alten „Grand Challenge Cup“ der Henley Royal Regatta verewigt – wir haben ihn vor Ort lautstark angefeuert, jedoch war das Rennen derart dominant, dass auch die englischen Kommentatoren nichts als Bewunderung ausdrücken konnten.
https://www.youtube.com/watch?v=RKktz3pdcXA
Richie ist nicht nur bei der Medaillenzahl einer der erfolgreichsten Rudersportler – vermeintlich zumindest der erfolgreichste Sportler seiner Heimatstadt – er ist vielleicht wirklich das, was World Rowing so treffend schreibt:
„Für Schmidt begann das Projekt Deutschland Achter mit dem großen Karl Adam und seinem Olympiasieg auf dem Albaner See im Jahr 1960. Seitdem wurde das Licht der Fackel von vielen großen deutschen Ruderern weitergetragen. Am hellsten leuchtete es vielleicht, als Richard Schmidt Teil dieser historischen Mannschaft war.“
Das Video der Ehrung:
https://worldrowing.com/video/2024-world-rowing-awards/
Bericht von Philipp Münchmeyer
Steht gut da: Richard Schmidt, Bildquelle: RVT
Seine Gesamtmedaille
„What happens in rowing- stays in rowing“, könnte manch‘ Ruderer verbittert denken, wenn die Kreisligaerfolge eines regionalen Kickers in der Chronik des Regionalblatts korrekter aufgezählt werden als die Anzahl der Olympiateilnahmen eines Trierer Ruderers.
Vielleicht ist die Anerkennung durch Fachleute, die die Leistungen einschätzen können, jedoch auch wertvoller für den Sportler – in diesem Fall Richard Schmidt, der im Zuge der World Rowing Awards in Sevilla vom Weltruderverband FISA mit der „Thomas- Keller- Medaille“ ausgezeichnet wurde.
Die Medaille wird seit 1990 vergeben – und zwar nur an Sportlerinnen und Sportler, die sich um den Rudersport in herausragender Form verdient gemacht haben: sowohl durch sportliche Erfolge im Boot, als auch außerhalb des Bootes. Sie kann zudem nur maximal fünf Jahre nach Beendigung der aktiven Karriere vergeben werden, was die Auswahl für die prominent besetzte Jury nur zusätzlich erschwert. Mit ihm nominiert waren in diesem Jahr Ondrey Synek, Ann- Kathrin Thiele, Ilse Paulis und Grace Prendergast.
Richard ist seit 1990 der sechste Deutsche in der Liste, allein: der letzte deutsche Mann vor ihm war 1998 Roland Baar (†), die letzte Frau Kathrin Boron 2009; Menschen, die deutschen Ruderern immer noch wohlige Schauer über die Nackenhaut jagen. Der legendäre Thomas Lange ist dabei, Kolbe, Hacker und wie viele andere nicht. International finden sich in der Sportwelt so glanzvolle Namen wie Redgrave, Pinsent, Lipǎ, Chalupa, Čop, Evers- Swindell, Murray, Bond, Tufte und erst 2022 der ewige Mahé Drysdale. Dies, verehrte Damen und Herren, ist die Gästeliste zum Pantheon des Ruderns: Richard Schmidt hat seit 09.11.2024 freien Eintritt.
Erinnern wir uns an die erste Olympiateilnahme 2008 in Peking, der ganze Verein platzte vor Stolz und Aufregung, dass „Richie“ überhaupt dabei war – und sei es nur Ersatz. Vor dem Halbfinale dann wurden zwei Ruderer krank und „Richie“ rückte nach – alles immer in einer Wolke aus Sportlern, die seine Karriere begleiten und mit ihm große Triumphe feiern sollten, manche länger, manche kürzer – aber keiner wie Schmidt. Er ruderte in sein erstes olympisches Finale und wurde Sechster. Hamish Bond und Eric Murray, der unschlagbare neuseeländische „Zweier ohne“ der nächsten Dekade, mit denen Richie nie in einem Atemzug genannt werden wollte, wurden da übrigens noch Siebte.
Urkundenüberreichung und Leselektüre ‘Thomi Keller: A Life in Sport’ durch den FISA-Präsidenten Jean-Christophe Rolland, Bildquelle: RVT
Die Kriterien für die Vergabe der Medaille können nicht alle treffend übersetzt werden: es geht um Medaillenerfolge auf internationalem Niveau, aber auch herausragende „Comebacks“ oder Überwindung von Hindernissen, ebenso wie die technische Beherrschung des Sports: interne Kommentare wie „Richie setzt wieder zu kurz“ arbeitete er stoisch auf, mit Körper und Gesundheit hat er (weitgehend) Glück gehabt. „Sportsmanship“ lässt sich aber nun mal nicht rein mit Sportlichkeit übersetzen, auch nicht eindeutig mit Sportsgeist; Schmidt hat stets mit fast ritterlicher Haltung von seinen Gegnern gesprochen, hat sich auch im Erfolg nicht zu Niedertracht hinreißen lassen, meist war er der Erste, der sich im Zielbereich völlig ausgelaugt per Handzeichen bei den Gegnern für ein hartes Rennen bedankte – weil Erfolg oft umso süßer schmeckt, je härter er erkämpft wurde. Er genießt daher auch auf der „anderen Seite“ höchsten Respekt und verkörpert damit das Edelste, was gerade der Rudersport sich erhalten hat und was ihn ausmacht.
Letztes Kriterium der Auswahl soll der „legendary status“ sein und wo heute viel zu schnell zu Worten wie Ehrenmann oder Legende gegriffen wird, stellt sich die Frage, wo da noch die Steigerung sein soll?
Einige Andeutungen dazu finden sich vielleicht in der gelungenen Laudatio von Thomas Cross bei worldrowing.com ( https://worldrowing.com/2024/11/18/richard-schmidt-the-beating-heart-of-the-deutschland-achter/ ).
Richard Schmidt als das schlagende, pumpende Herz des „Deutschlandachter“, eines Bootes, das teils ganze Saisons lang ungeschlagen blieb – auch um den Preis, dass der deutsche Riemenbereich kein zweites nennenswertes Boot herausbrachte. Aber Schmidt war immer dabei, die meiste Zeit im Maschinenraum, man konnte ihm bei jedem Start ansehen, dass er gewillt war, das Boot notfalls allein über die Linie zu ziehen. Über die Jahre hat er sich zum Mentor für jüngere Sportler entwickelt: auch das ist nicht selbstverständlich. Viele kamen und gingen: die Schlagmänner, denen er den Rücken freihielt, vielleicht auch solche Ruderer, die sich für besser hielten. Aber sein Platz, am Ende die Sieben, war besetzt. Viele Sportler stehen und fallen mit den Erfolgen der Mannschaft – und natürlich wäre Schmidt ohne die jeweiligen Mannschaften nicht so weit gekommen, wie er zu betonen nie müde wird – er war jedoch in jeder Besatzung der verlässliche Mann, wie auch Steuermann Sauer betont: „Der Bootsplatz zählt nicht – Performance schon“: Schmidt hat immer geliefert, physisch wie psychisch. Er war dabei immer demütig und reflektiert. Er ist Konstante und zugleich ein Garant für diese lange Erfolgsphase gewesen, die in der Sportgeschichte ihresgleichen sucht. Dies wird auch deutlich in der Auswahl der Offiziellen: Viele der Nominierten ruderten im Einer oder im Kleinboot – einen Mann – DEN einen Mann aus dem Achter hervorzuheben, zeugt vom Ansehen, das er sich sprichwörtlich erarbeitet hat.
Auch als Athletensprecher hat er sich immer für den Sport und seine Akteure, insbesondere seine Teamkameraden eingesetzt und konnte uns Glücklichen die ein oder andere interne Geschichte erzählen, ohne je indiskret zu sein. Auch als Sprecher der NADA hat er sich stets für sauberen Sport eingesetzt und versucht jetzt, mit seiner Erfahrung noch den Umbruch im Achter zu gestalten, nachdem er eine ganze Generation geprägt hat. Keiner weiß zudem so genau, wie viele Kinder es im Hause Dr. Schmidt noch werden sollen – ein (Mixed-) Vierer wohl mindestens.
Leider konnte sein stolzer Vater diesen Moment der Ehrung nicht mehr erleben. So oft man sich an den Eltern auch abkämpfen mag: ein Teil der Haltung, die ein solches Sportlerleben überhaupt möglich macht, stammt immer aus ihnen.
Und nicht zuletzt war insbesondere die Unterstützung einer jungen Karriere durch Elternhaus und Verein unerlässlich. Dank Richie steht der RV Treviris auf einer Plakette am über 100 Jahre alten „Grand Challenge Cup“ der Henley Royal Regatta verewigt – wir haben ihn vor Ort lautstark angefeuert, jedoch war das Rennen derart dominant, dass auch die englischen Kommentatoren nichts als Bewunderung ausdrücken konnten.
https://www.youtube.com/watch?v=RKktz3pdcXA
Richie ist nicht nur bei der Medaillenzahl einer der erfolgreichsten Rudersportler – vermeintlich zumindest der erfolgreichste Sportler seiner Heimatstadt – er ist vielleicht wirklich das, was World Rowing so treffend schreibt:
„Für Schmidt begann das Projekt Deutschland Achter mit dem großen Karl Adam und seinem Olympiasieg auf dem Albaner See im Jahr 1960. Seitdem wurde das Licht der Fackel von vielen großen deutschen Ruderern weitergetragen. Am hellsten leuchtete es vielleicht, als Richard Schmidt Teil dieser historischen Mannschaft war.“
Das Video der Ehrung:
https://worldrowing.com/video/2024-world-rowing-awards/
Bericht von Philipp Münchmeyer